Nein. Schon seit den frühen 1970er Jahren ist es Beschlusslage des DGB, auch Beamtinnen und Beamten die vollen Koalitionsrechte zuzugestehen. Dazu gehört – außerhalb des Kernbereichs hoheitlicher Tätigkeit – auch das Recht, zum Streik als letztes Mittel zu greifen. Auch der Europäische Gewerkschaftsbund und der Internationale Gewerkschaftsbund haben wiederholt das pauschale Beamtenstreikverbot in Deutschland kritisiert.
Die Bundesrepublik Deutschland steht wegen des Beamtenstreikverbots seit Jahrzehnten in der Kritik internationaler Organisationen wie der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, der UN-Komitees für Menschenrechte und für Sozialschutz oder dem Europäischen Komitee für Soziale Rechte. Das ficht die verschiedenen Bundesregierungen (egal welcher politischer Couleur) aber nicht an, sie verteidigen das Streikverbot stets mit Verweis auf die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums als angeblich zentralen Bestandteil der deutschen Staatsarchitektur.
Für Menschen aus anderen demokratischen Ländern mutet diese Argumentation sehr befremdlich an. Viele europäische Länder kennen einen Beamtenstatus mit Lebenszeitprinzip und Alimentationsanspruch. Doch keines dieser Länder käme auf die Idee, deshalb das Streikrecht völlig unabhängig von der konkreten Funktion der Beschäftigten kategorisch auszuschließen.
Die Einigkeit zeigte sich auch in der gemeinsamen Stellungnahme von GEW, DGB und ver.di für das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Darin machten die Gewerkschaften deutlich, dass nicht der Gesetzgeber die Kollisionslage zwischen dem nationalen und dem Völkerrecht auflösen muss. Das Bundesverfassungsgericht selbst sei befugt und verpflichtet, die Widerspruchsfreiheit herzustellen. Auch das Arbeitskampfrecht der Tarifbeschäftigten sei schließlich Richterrecht. Die von den Gerichten entwickelten Maßstäbe für die Verhältnismäßigkeit von Streiks gelten unabhängig vom Status der Streikenden. Vorschläge, die Beteiligungsrechte der Beamtinnen und Beamten zu erweitern, endeten beim Letztentscheidungsrecht der Dienstherren, also der Exekutive oder des Parlaments. Diese Vorschläge lösten deshalb das Problem nicht, sondern würden das „kollektive Betteln“ nur auf eine höhere Stufe heben.